Pressemitteilung 10/25
LUNG ruft auf: Europäische Gottesanbeterinnen gesucht
Güstrow. Im Zuge der Klimaveränderung verzeichnet auch Mecklenburg-Vorpommern allmähliche Temperaturanstiege, insbesondere mildere Winter. Wärmeliebende Arten nutzen dies, um ihre Verbreitungsgebiete auszuweiten. Frostempfindliche Tiere können zunehmend auch norddeutsche Winter überstehen.
Eine markante Insektenart ist die bis zu 75 mm lang werdende Gottesanbeterin (Mantis religiosa). Sie ist die einzige heimische Art aus der weltweit über 2.400 Arten umfassenden Ordnung der Fangschrecken.
Heimisch ist sie vor allem in Afrika und im südlichen Europa.
In Deutschland gilt die Gottesanbeterin nicht als exotische Einwanderin, sondern als heimisches Faunenelement. Bis in die 1990er Jahre gab es lokale, stark schwankende Vorkommen an klimabegünstigten Standorten in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland.
Seit rund 30 Jahren breitet sich die Gottesanbeterin weiter nach Norden aus. 2011 wurde die erste Gottesanbeterin in Mecklenburg-Vorpommern auf einer Aufforstungsfläche bei Silz (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) gefunden. Nachdem es dann einige Jahre kaum Nachweise in MV gab, scheint die Art mit Beginn der 2020er Jahre erneut Boden gut zu machen.
Aktuell umfasst die Landesartdatenbank Mecklenburg-Vorpommern 30 gesicherte Nachweise von Gottesanbeterinnen. Das Landesamt für Umwelt Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern (LUNG) bittet gemeinsam mit Dr. Wolfgang Wranik, dem ehrenamtlichen Bearbeiter der Artengruppe, darum, verstärkt auf Gottesanbeterinnen zu achten und Sichtungen mitzuteilen.
Die Meldungen können online über das Meldeportal Arten des LUNG erfolgen. Ein Belegfoto ist wichtig, um die korrekte Zuordnung der Art zu abzusichern und weitere Informationen wie z.B. Farbe, Entwicklungsstand festzuhalten. Die Meldungen tragen dazu bei, die Besiedlung unseres Bundeslandes möglichst genau zu dokumentieren. Aktuell bearbeitet Dr. Wolfgang Wranik die neue Rote Liste der Fang- und Heuschrecken Mecklenburg-Vorpommerns. Alle Beobachtungen sind daher besonders willkommen.
Hintergrundwissen
Der deutsche Name Gottesanbeterin, wie auch der wissenschaftliche Artzusatz religiosa (lat. gottesfürchtig, fromm), nehmen Bezug auf den Bau und das Verhalten dieser Fangschrecken. Die zu Fangbeinen umgewandelten vorderen Beine werden in Lauerstellung auf Beute bei erhobenem Vorderkörper in einer gebetsartigen Position gehalten.
Gottesanbeterinnen können grün oder braun gefärbt sein. Sie verbreiten sich fliegend, sitzen gut getarnt in Gräsern oder Sträuchern und erbeuten dort meist anderen Insekten. Im Mai / Juni schlüpfen die jungen Gottesanbeterinnen, die den vorangegangenen Winter in Eipaketen überstanden haben. Nach 6 bis 7 Häutungen treten von August bis Oktober dann erwachsene Tiere auf. Bei der Partnerfindung wird die aktive Suche der Männchen von den Weibchen durch die Abgabe von Lockstoffen (Pheromonen) unterstützt.
Noch während oder kurz nach der Paarung kann es dazu kommen, dass das Männchen teilweise oder ganz vom Weibchen gefressen wird. Die Begattung wird auch dann noch erfolgreich abgeschlossen, wenn bereits Kopf und Teile des Vorderkörpers des Männchens vom Weibchen verspeist worden sind. Einige Tage nach der Begattung beginnt das Weibchen mit der paketweisen Eiablage, in Form von sogenannten Ootheken. Eine Oothek besteht aus körpereigenem schaumig-weißlichem Sekret, das mit Luftbläschen angereichert wird und zu einer bräunlichen styroporartigen Masse aushärtet. Die Oothek schützt die 100-200 Eier gegen Witterungseinflüsse, mechanische Beschädigungen und Fressfeinde u.v.m.
Als Lebensraum bevorzugt die Gottesanbeterin sonnige, strukturreiche und trocken-warme Busch- und Graslandschaften mit Sträuchern und Stauden. Neben diesen natürlichen Trockenhabitaten breitet sie sich aber auch in urbanen und anthropogen beeinflussten Lebensräumen wie Gärten, Industriebrachen und Bahnanlagen aus. Trockene Wärme, Strukturreichtum und Nahrungsangebot spielen dabei eine große Rolle.
Für den Menschen ist die Gottesanbeterin ungefährlich. Nach Bundesartenschutzverordnung gehört sie zu den besonders geschützten Arten. Deshalb ist es nicht erlaubt, sie einzufangen, zu töten, oder anderweitig zu schädigen.








